Räume öffnen, Dialoge ermöglichen

Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

Der Sozialphilosoph Max Horkheimer, angesprochen auf seine düsteren Gesellschaftsprognosen Mitte des letzten Jahrhunderts, bezeichnete sich selbst als einen theoretischen Pessimisten und praktischen Optimisten. 
Es ist derzeit nicht leicht, dem Pessimismus zu widerstehen. Die gegenwärtigen Krisen haben uns gelehrt, wie wenig Bestand bislang Selbstverständliches haben kann. Corona, Krieg in Europa, Energieknappheit, Inflation und der Klimawandel überlagern sich zu einer nie gekannten Krisenkonstellation.

Die Hoffnungen etwa, die mit dem Pariser Klimaabkommen 2015 verbunden waren, den weltweiten Temperaturanstieg möglichst auf 1,5°C im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu beschränken, sind mittlerweile enttäuscht. Es geht längst nicht mehr um eine Abwendung des Klimawandels, sondern um Begrenzung und Anpassung an das nunmehr Unabwendbare. Erste Auswirkungen sind bereits jetzt in Niedersachsen spürbar: um 1,7°C ist die durchschnittliche Temperatur gegenüber 1881 angestiegen. UN-Generalsekretär Antonio Guterres wählte in einer Videobotschaft nach Vorstellung des IPCC-Klimaberichts im Februar 2022 deutliche Worte: »Fast die Hälfte der Menschheit lebt in der Gefahrenzone – jetzt.« Das Versagen der Staatenführung sei »kriminell« – Wer so spricht, spürt seine Ohnmacht im Angesicht der Hyperkrisen.

Aber Lähmung, Pessimismus und Mutlosigkeit sind keine Option. In einem Interview zur gegenwärtigen Lage (siehe S. 37) zitiert Prof. Klaus-Peter Hufer sehr treffend Simone de Beauvoir: »Jeder Mensch ist für alles und vor allen verantwortlich. […] Meine Stimme genügt, damit die Welt eine Stimme hat. […] Ich habe die Welt nicht erschaffen. Aber ich erschaffe sie durch meine Anwesenheit in jedem Augenblick neu.« Jede und jeder hat diese Verantwortung – auch diejenigen, die nicht handeln.

Wir nehmen unsere Verantwortung im Programmjahr 2023 in besonderer Weise wahr: wir haben Fachleute zu Gast und besuchen Orte, die ›Lust auf Zukunft‹ machen. Wir veranstalten die erste regionale Klimakonferenz mit international renommierten Wissenschaftler*innen und Startups aus der Region, die an der ökologischen Transformation arbeiten. Unser besonderes Anliegen ist die Stärkung und Verteidigung unserer Demokratie. Und wir haben aus unserem Programm erneut ein Set von Resilienz fördernden Veranstaltungen zusammengestellt, die zeigen und anregen, wie eine dynamische Bewältigung von Krisen gelingen kann. Unsere Gäste erwartet ein Angebot, das auf die Entwicklung und Entfaltung der Gesamtheit menschlicher Potenziale gerichtet ist – auf unsere intellektuellen, emotionalen, spirituellen, beruflichen und künstlerischen Bedürfnisse und Talente. Und das soll sich jede/r leisten können! Der Anstieg der Verbraucher*innenpreise trifft einzelne Bevölkerungsgruppen unterschiedlich hart. Die Unterschiede wollen wir durch sozial gestaffelte Preise ausgleichen.

Die meisten nicht beruflich orientierten Seminare des vorliegenden Programms sind mit drei Kostenbeiträgen ausgewiesen: einem ›Normalpreis‹, der die Kosten annähernd deckt, einem ›ermäßigten Preis‹, der 20 Prozent darunter und einem ›Solidaritätspreis‹, der 20 Prozent über dem ›Normalpreis‹ liegt. Die finanziell Stärkeren sorgen durch ihren Beitrag für ein wenig mehr Bildungsgerechtigkeit und Zusammenhalt unter uns. Dafür bedanke ich mich schon jetzt! Und: Sie entscheiden, welcher Kostenbeitrag für Sie erschwinglich ist – durch ein Kreuz auf den Anmeldeformularen. Wir garantieren Anonymität und selbstverständlich gleiche Servicequalität. Ich bin mir sicher, dass unsere Gäste mit diesem Angebot sehr verantwortlich umgehen.

Wir laden Sie zur Teilnahme an unseren Seminaren, Kursen und Tagungen ein und begrüßen Sie gern in unserem Ev. Bildungszentrum, dem Kompetenzzentrum für Lehrkräftefortbildung und im Kloster Neuenwalde.

Dr. Jörg Matzen
Leiter des Ev. Bildungszentrums
Bad Bederkesa